Missouri

Der Staat Missouri wurde nach dem Fluss Missouri benannt, der wiederum seinen Namen vom indianischen Volk der Missouri hat. Das Wort Missouri stammt von deren Nachbarn, dem Volk der Illinois. Der Staat wird im Volksmund auch der Show Me State genannt; die gewöhnliche Abkürzung des Staates ist MO. Quelle: Wikipedia

St. Louis – Tor zum Westen
St. Louis liegt am Mississippi. Und nur schon dieser Name lässt mein altes Pfadfinder-Herz höher schlagen. Zwar ist der breite Strom nurmehr eine kaffee-braune, dreckige Brühe, aber wer, wie ich damals, die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn mit der Taschenlampe unter der Bettdecke verschlungen hat, dem können solche Nebensächlichkeiten nichts anhaben. Der Mississippi ist eben nicht einfach ein Fluss, sondern DER Fluss überhaupt. Und so erscheint es nur logisch, dass an seinen Gestaden das berühmte Wahrzeichen der Stadt errichtet worden ist – der Gateway Arch, ein silbrig-glänzender Riesenbogen aus rostfreiem Stahl, der mit seiner schieren Grösse das Tor zum Westen darstellen soll. Als Symbol für die Besiedelung des Westens, die – so sagt man – seinerzeit von St. Louis ausgegangen sein soll. Wer Lust (und vor allem Zeit zum Schlangestehen) hat, kann mit einem Lift im Innern des Bogens ganz nach oben fahren. Und dann – aus exakt 192 Metern Höhe – einen unvergleichlichen Weitblick über das Häusermeer von St.Louis und den träge dahinfliessenden Mississippi geniessen.

Einem gewaltigen Stoffband ähnlich schlängelt sich die Route 66 durchs Hinterland von Missouri, und erstmals habe ich ausgiebig Zeit, mich dem schmalen Streifen Niemandsland zu widmen, der einem zusteht, wenn man mit einem Posttöffli in Amerika unterwegs ist. Das ist jener Bereich, wo die Strasse auszufransen scheint, wo der Asphalt Wellen wirft, wo es Risse und Furchen hat und wo der Müll der rasenden Gesellschaft strandet. Diese Rand-zone gehört mir. Mir ganz allein – weil sie nie-mand sonst haben will… . Die Autofahrer nicht und die Harley- und anderen Töff-Fahrer schon gar nicht. Man hat also gewissermassen seine Ruhe auf dieser schmalen, entmilitarisierten Zone. Und den Vorteil, im Vorbei-Fahren gewisse Tiere dieser Gegend etwas näher kennenzulernen. Und zwar in einer speziellen, zweidimensionalen Flach-Form, weil es die meisten Geschöpfe offenbar nicht geschafft haben, die Strasse in Echtzeit zu überqueren und nun – flachgedrückt von einem Autopneu – auf ‚meiner’ Fahrspur ihre letzte Ruhe gefunden haben. Kürzlich habe ich mal eine kleine persönliche Strassenopfer-Hitparade erstellt. Eindeutiger Spitzenreiter: das prähistorische Gürteltier (engl. armadillo). Mit beträchtlichem Abstand dahinter: das kopflose amerikanische Laufhuhn und – auf Platz 3 – die ver(w)irrte Schildkröte. Gott habe sie alle selig.

Mehr Kirchen als Beizen
Apropos Gott (und wenn wir schon beim Thema sind): Die Amerikaner sind, so macht es den Anschein, ein ganz eifrig’ Volk von Kirchgängern. Anders jedenfalls kann ich mir den Umstand nicht erklären, dass hier die Kirchen so häufig sind wie in der Schweiz die Beizen. Ob Wieder-
täufer, Baptisten, Lutheraner, Zeugen Jehovas, Presbyterianer oder Nachfahren von Bethesta – hier wird keiner mit seinem Glauben allein gelassen. Und damit wir uns recht verstehen: es handelt sich dabei nicht um irgendwelche kleinen Kapellen, die man hier zu Gesicht bekommt. Sondern um veritable Luxushäuser an bester Lage, meist riesigem Umschwung – und noch grösserem Parkplatz. Schliesslich sollen ja auch alle Gläubigen möglichst schnell und ungehindert Zugang zum Wort Gottes haben. Sogar für jene wird gesorgt, die den Weg in die Tempel nicht geschafft haben: in lesefreundlichem Abstand stehen am Wegrand allerhand Tafeln mit heiligen Sprüchen oder ganzen Gebets-Abfolgen. Weissagungen im Schnelldurchlauf – sozusagen.

Stopp in Rocker-Beiz
Und dann, irgendwann, ist die Zeit reif, für einen Halt in einer zünftigen Rocker-Beiz. Einer Bar, wo die richtig harten Kerle verkehren, und wo man mit seinesgleichen wieder mal nach Herzenslust über Bikes, Frauen und andere wichtige Dinge diskutieren kann. Und ich muss sagen: irgendwie tut’s halt schon gut zu wissen, dass man dazugehört… . Auch wenn angesichts meines doch etwas eigentümlichen Gefährts von den Kollegen aus der Harley-Davidson-Fraktion hie und da ein belustigtes «Are you nuts?» («Hast Du einen Flick weg?») zu hören ist. Und wenn ich ehrlich bin: insgeheim habe ich mich tatsächlich auch schon gefragt, ob es nicht doch besser gewesen wäre, mit einem passenderen Gerät als einem Posttöffli die «66er» abzufahren. Alternativen hätte es einige gegeben (siehe Bild).

Just around the corner!
Am frühen Nachmittag des nächsten Tages schiebt sich dann rechts der Strasse eine wunderschön restaurierte Tankstelle ins Bild. Der Besitzer heisst Gary und ist ein ziemlich skurriler Kerl. Mit dröhnendem Bass und theatralischen Gesten berichtet er von Land und Leuten und von der Zeit, als der Betrieb noch Vollgas lief und – holy crap! – als einfach alles noch viel besser war. Im Verlaufe seines Monologs (während dem er mir auf charmante Weise zwei Bücher und ein T-Shirt angedreht hat) erzählt er auch von einem tollen Freilichtmuseum, das ein Freund von ihm erschaffen habe und das ich unbedingt gesehen haben müsse. Es liege «just around the corner» – gleich um die Ecke. Was in meinem Falle zwei Stunden Töfflifahren bedeutet – pro Weg! Aber es lohnt sich: «Red Oak II» ist eine Art Ballenberg, wo von Westernhäusern mit falscher Fassade bis hin zu einer kompletten Phillips-66er-Tankstelle fast alles zu sehen ist, was entlang der Route 66 mal gebaut worden ist.

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